Heinrich Klassen
In freikirchlichen Gemeinden täuferischer Prägung ist der Hirtendienst eine zentrale geistliche Leitungsaufgabe, die stark von der täuferischen Theologie geprägt ist – besonders durch das Verständnis von Gemeinde als Bruderschaft und von Leitung als dienender Dienst.
Oft wird der Dienst ehrenamtlich, aber auch in Zusammenarbeit mit hauptamtlichen Pastoren ausgeführt. Wichtig ist das Miteinander im Team, der Gedanke von „Hirten unter Hirten“ (vgl. 1. Petrus 5,1–4), und dass Jesus Christus als der eigentliche Oberhirte verstanden wird.
1. Seelsorge und geistliche Begleitung
- Persönliche Betreuung der Gemeindeglieder in verschiedenen Lebensphasen (Krisen, Krankheit, Lebensentscheidungen)
- Seelsorge im Sinne einer brüderlichen und schwesterlichen Wegbegleitung
- Gebetsdienst für Einzelne und die Gemeinde
- Pflege einer geistlich reifen Atmosphäre, in der Vertrauen und Offenheit wachsen können
- „Der gute Hirte lässt sein Leben für die Schafe.“ (Johannes 10,11)
2. Leitung im Ältestenkreis
- Der Hirtendienst wird oft im Ältestenkreis (Leitungskreis) gemeinsam mit anderen Ältesten, Pastoren und Diakonen ausgeübt
- Geistliche Ausrichtung der Gemeinde mitgestalten
- Mitverantwortung für Struktur, Lehre und Richtung
- Entscheidungen werden im Konsens gesucht – kein „Top-down“, sondern dienende Leitung im Team
3. Verkündigung und Lehre
- Regelmäßige Predigtdienste, oft in Absprache mit dem Pastorenteam
- Leitung von Hauskreisen, Bibelstunden oder Jüngerschaftskursen
- Vermittlung täuferischer Kernwerte: Nachfolge, Gemeindeleben, Friedensethik, verbindliche Gemeinschaft
- Schulung und Begleitung neuer Mitarbeiter in Lehre und Leitung
4. Tauf- und Mitgliedschaftsbegleitung
- Vorbereitung und Gespräche mit Taufbewerbern (oft gemeinsam mit der Gemeindeleitung)
- Abnahme des Taufzeugnisses, ggf. Prüfung des Bekenntnisses
- Geistliche Verantwortung für die Aufnahme neuer Mitglieder
- Integration von neuen Gliedern in die Gemeinschaft
5. Gemeindezucht, Versöhnung und Einheit
- Verantwortung für Korrektur im Geist der Liebe, wenn z. offensichtliche Sünde oder Spaltung droht
- Vermittlung bei Konflikten, Förderung von Versöhnung und Vergebung
- Achtung auf die Einheit der Gemeinde im Geist Christi
- Ziel ist immer Wiederherstellung und Heilung, nicht Ausgrenzung. „Brüder, wenn ein Mensch von einer Verfehlung ereilt wird, so helft ihm wieder zurecht in sanftmütigem Geist.“ (Galater 6,1)
6. Diakonischer Blick und praktische Nächstenliebe
- Aufmerksamkeit für soziale und seelische Not
- Zusammenarbeit mit Diakonen bei der Unterstützung Bedürftiger
- Mittragen von Friedens- und Gerechtigkeitsanliegen
- Gelebte Liebe zum Nächsten als Ausdruck des Evangeliums
- „Darum, solange wir noch Zeit haben, lasst uns Gutes tun an jedermann, allermeist aber an des Glaubens Genossen.“ (Galater 6,10)
7. Vorbildlicher Lebenswandel
- Der Hirtendienst steht und fällt mit der gelebten Integrität
- Ehe, Familie, Beruf und Gemeinde sollen in Übereinstimmung mit dem Evangelium stehen
- Geistliche Leiterschaft wird durch Vertrauen und Charakter legitimiert, nicht durch Amt oder Titel
- „Denn ich habe euch ein Beispiel gegeben, damit auch ihr tut, wie ich euch getan habe.“ (Johannes 13,15)
Gottes Segen im Dienst!
Dr. Heinrich Klassen
Bundesleitung