Das Kreuz Jesu – mehr als Holz
Manchmal schauen wir auf das Kreuz und sehen darin nur Leid, Schmerz, Tod.
Wir denken an das Versagen der Welt, an Schuld – vielleicht auch an unsere eigene.
Aus biblisch-täuferischer Sicht ist das Kreuz mehr als ein Ort des Todes. Es ist ein Zeichen des Lebens. Ein Ort der Liebe, die sich selbst hingibt. Ein Ort, an dem Vergebung greifbar wird. Ein Ruf in die Nachfolge – nicht aus Angst, sondern aus Vertrauen.
Viele tragen Schuld, Scham, Angst oder das Gefühl, nicht zu genügen. Gerade Jugendliche erleben oft den Druck, perfekt sein zu müssen – in Schule, Familie, Glaube, Sozialleben.
Das Kreuz Jesu spricht genau in diese Tiefen der Seele – nicht als Mahnmal der Strafe, sondern als Zeichen bedingungsloser Annahme. Dazu eine seelsorgerliche Perspektive:
1. Das Kreuz als Ausdruck von Gottes Liebe
Römer 5,8 – „Christus ist für uns gestorben, als wir noch Sünder waren.“
Jesus überwindet Gewalt am Kreuz ohne Gewalt anzuwenden. Er stirbt nicht, weil wir gut sind, sondern weil Gott uns liebt – trotz allem. Das Kreuz sagt: Du musst dich nicht beweisen. Du bist geliebt – so wie du bist.
In der Seelsorge kann das Kreuz so zum Ort werden, an dem Menschen ihre Masken ablegen – und sich Gott ehrlich zuwenden.
2. Das Kreuz als Ort der Heilung
Jesaja 53,5 – „Durch seine Wunden sind wir geheilt.“
Die biblisch-täuferische Sicht betont nicht nur die Sühne, sondern auch das heilende Mitgehen mit Jesus. Gott nimmt Anteil an unserem Leide und wir an seinem. Sein Leiden spricht auch in unsere Verletzungen hinein. Wer leidet, ist nicht allein.
In Trauer, Krankheit oder Einsamkeit erinnert das Kreuz daran: Gott kennt das Leiden – von innen heraus. Und geht mit.
3. Das Kreuz als Einladung zur Versöhnung
Gott überwindet das Böse! Versöhnung beginnt im Innersten, mit sich selbst, mit Mitmenschen und mit Gott.
Darf ich mich selbst annehmen – mit Brüchen, Zweifeln, Schuld?
Jesus stirbt, um diesen inneren Frieden zu ermöglichen. Nicht, weil wir es verdienen – sondern weil er Frieden stiften will.
4. Das Kreuz als Ruf zur Hingabe und Befreiung
Biblisch-täuferisch gedacht bedeutet Nachfolge: Gott befreit. Der Kreislauf von Gewalt ist unterbrochen, das Ende aller Opfer eingetreten. Ich lebe befreit, ich lebe anders, weil ich mich geliebt weiß.
„Ich folge dir, Jesus, weil du mich zuerst geliebt hast.“
In der Seelsorge kann das helfen, Druck zu nehmen. Christsein ist keine Leistung, sondern Antwort auf die Liebe Gottes, am Kreuz!
Fazit – eine seelsorgerliche Deutung des Kreuzes
Jesus ruft uns nicht zur religiösen Pflichterfüllung. Er ruft uns, mit ihm zu gehen.
Durch Leiden hindurch. Durch die Dunkelheit hindurch, ins neue Leben – in Gemeinschaft, Frieden, und echte Freiheit.
Das Kreuz ist nicht Dogma, sondern heilsame Realität:
- für die Zerbrochenen: Trost
- für die Schuldigen: Vergebung
- für die Ängstlichen: Geborgenheit
- für die Suchenden: Orientierung
- für die Gläubigen: ein Ruf zur Nachfolge aus Freiheit und Liebe
Gebets-Vorschlag
Jesus Christus,
du bist nicht im Palast gestorben, sondern am Kreuz.
Nicht in Macht, sondern in Liebe.
Nicht mit Gewalt, sondern mit offenem Herzen.
Lass uns dein Kreuz nicht nur anschauen,
sondern dir folgen –
in der Hoffnung,
in der Liebe,
in der Bereitschaft zur Vergebung.
Mach uns zu Menschen,
die Frieden bringen,
die sehen, was andere niederdrückt,
und die dein Licht in diese Welt tragen. Amen.
Heinrich Klassen
Bundesleitung