Seit vielen Jahren gebrauche ich den Begriff „Stille Zeit“ nicht mehr, weil er in christlichen Kreisen schon über Jahrzehnte genutzt und dabei oft missverstanden wird. Deswegen bevorzuge ich es, diesen Ausdruck mit anderen Begriffen zu umschreiben, um dadurch zu verdeutlichen, wie wichtig Bibellese und Gebet sind. Dabei geht es mir um die Tatsache, dass Gott nicht nur eine Priorität in unserem Leben eingeräumt werden darf, sondern er den Mittelpunkt darin bilden muss. Gott in das Zentrum des eigenen Lebens zu stellen, bedeutet, dass die gesamte Sphäre deines Daseins und deiner Persönlichkeit und somit auch deine verschiedenen Lebens- und Verantwortungsbereiche aus der Mitte heraus durchdrungen und beeinflusst werden. Als wegweisend dient hierfür das Zitat Jesu im Matthäusevangelium: „Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit deinem ganzen Herzen und mit deiner ganzen Seele und mit deinem ganzen Gemüt. … Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst“ (Matth. 22,37.39).
Egal in welchem Bereich, ob es nun dein Studium oder der Arbeitsplatz ist, dein Einsatz in der Gesellschaft und in der Gemeinde, deine Ehe oder die Familie – alles soll aus der Mitte, von Gott her beeinflusst werden.
Das klingt zunächst sehr theoretisch. Deshalb sollen an dieser Stelle einige praktische Hinweise darauf gegeben werden, wie die Umsetzung dessen im Alltag aussehen könnte. Nehmen wir z.B. die Länge des Gebets. Es gibt Ehepaare, die nur vor dem Essen ein kurzes Gebet sprechen und vor schweren Klausuren vielleicht noch etwas länger. Doch ansonsten beschränkt sich dieser Bereich ihres Daseins als Christ auf den gelegentlichen Besuch der Gebetsstunden in der Gemeinde. Wie wäre es, wenn du deine Gewohnheiten beibehältst und dir zusätzlich aneignest, nicht ohne Gebet am Morgen die Wohnung zu verlassen? Darüber hinaus kannst du es zu gewissen Zeiten durchaus ganz kurz und knapp halten; dafür wäre es dann aber gut, es dir einzurichten, bei anderen Gelegenheiten lange und viel zu beten.
Formuliere für jeden Wochentag zwei Schwerpunkte für dein Gebet, z.B.:
– Am Montag Dank und Bekenntnis,
– Am Dienstag Lob und Fürbitte,
– Am Mittwoch Bitten und Dank,
– Am Donnerstag Bekenntnis und Lob,
– Am Freitag Fürbitte und Dank,
– Am Samstag und Sonntag im Rahmen von Gebetsstunden und Gottesdiensten gemeinschaftliches Gebet mit den Geschwistern in der Gemeinde.
Führe ein Gebetsheft!
Leg dir ein Notizheft an, in das du Namen aufschreibst und in dem du Gebetsanliegen formulierst, welche du jeweils mit dem Tagesdatum versiehst. So werden deine Gebete konkreter und Gottes Antwort lebendiger. Mache außerdem jedes Mal einen Vermerk neben deinem Anliegen, wenn Gott es erhört hat. Dadurch kannst du deine „geistliche Temperatur“ messen und gleichzeitig viel Freude erleben. Weiterhin spielt das Bibellesen eine wichtige Rolle, für das ein Bibelleseplan hilfreich sein kann. Denn Erweckungen gehen zuvor immer sowohl mit einem ernsthaften Studium des Wortes Gottes als auch mit Gebet einher. Die Überzeugung der Täufer, die Bibel solle nicht im Eigenstudium, sondern zusammen mit anderen Gläubigen ausgelegt werden, führte zur Gründung von Bibelkreisen und einem Erweckungsdenken in vielen Kreisen Europas. Mit Hilfe zahlreicher Bücher, die mittlerweile zu diesem Themenbereich geschrieben wurden und die das gemeinsame und persönliche Bibelstudium erklären und anregen, wie z.B. „Bibellesen mit Gewinn“ kann sich jeder leicht Techniken aneignen, die sich in das eigene Leben und den individuellen Tagesrhythmus integrieren lassen.
Dein Heinrich Klassen